moonbooter - Syncope 1
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Eingetragen: 05.07.2025 von MusikZirkus

Gut zweieinhalb Jahre ist es recht still gewesen um Bernd Scholl, der als moonbooter seit 20 Jahren in regelmäßigen Abständen Elektronikalben veröffentlicht und der das MellowJet Label betreibt. Er gehörte leider auch zu den Betroffenen der Jahrhundertüberflutung im Jahr 2021, die die Eifel und das Ahrtal stark betroffen hatte. Nachdem er die Ereignisse, die sein Leben auf den Kopf gestellt hatten, einigermaßen verarbeitet hat, meldet er sich nach einer musikalischen Pause im Sommer 2025 mit gleich zwei Alben zurück. Da beide Alben eine Einheit bilden, beschreibe ich sie hier gemeinsam.
„Syncope 1“ und „Syncope 2“ bilden eine gemeinsame, musikalische Einheit. Bernd dazu: Die Musik entstand zwischen Dezember 2021 und September 2024. Ich verarbeitete die Geschehnisse im Sommer 2021 als die Jahrhundertflut unser Zuhause überschwemmte und dafür sorgte, dass mein Leben von einem Tag auf den anderen Tag ein vollkommen anderes war. Zu Beginn entstanden zunächst vielen Ideen, manchmal nur wenige Takte kurze musikalische Schnipsel, die ich in der Folge Stück für Stück, wie ein Puzzle, zusammensetzte. Ich sortierte die gesammelten Melodien, Sequenzen, Sounds, Rhythmen und innerhalb von 8 Wochen waren knapp 24 Songs so weit fertig. So dachte ich. Nach den Erfahrungen der Flut und des Wiederaufbaus war es für mich unumgänglich eine Auszeit vom Leben zu nehmen.
In 2024 habe ich in Ruhe und mit neuer Freude nochmals alle Songs auf „Syncope 1“ und „2“ überarbeitet und ein paar neue Songs für eben diese Alben komponiert. Und wie bei einem Puzzle, ergab das Ganze am Ende ein vollständiges Bild. Das war übrigens eine Zeit, an die ich sehr gerne zurückdenke, und die mir persönlich sehr gutgetan hat. Die Kraft der Musik ist schon unglaublich.
Die beiden Alben sind zunächst nur als digitaler Download zu bekommen. Wann und ob sie als CDR bestellt werden können, kann ich derzeit nicht sagen.
Syncope 1
Auch wenn Bernd vom Cover (vor allem auf der Rückseite) einem etwas ernst oder mürrisch entgegenblickt, so ist seine Musik alles andere als bedrückend oder dunkel ausgefallen. Das macht schon der achtminütige Opener „State Of Mind“ deutlich. Leicht sägende, industrielle Klänge eröffnen das Stück. Doch schon nach wenigen Momenten kristallisiert sich Bernds typisch rhythmische Musik. Und nach gut anderthalb Minuten schält sich eine eingängige Melodie heraus, die so typisch für den moonbooter-Stil ist. Nach der längeren Pause ist man so sofort wieder im Klangkosmos des Eifelers gefangen. Bernd entwickelt den Sound zu einem monumentalen, fast schon symphonischen Stil. Und wie gewohnt öffnet er dabei weite Klangräume, denn die Musik ist wieder sehr transparent und auf hohem Niveau produziert.
In „What Happy To Felt Like“ hat Bernd zu Beginn einen gesprochenen Text von Jake Tylor eingebaut, den er mit flächigen Sounds unterlegt und nach anderthalb Minuten dann in einen treibenden, melodischen Part überführt. Nach einigen Momenten kommt dann auch ein pumpender Beat auf, der zum Tanzen einlädt. Im Verlauf kommt dann noch eine weitere Melodielinie auf. Ein tolles Stück, das ich mir auch gut auf einer Autofahrt vorstellen kann.
Filigrane, leicht perlende Klänge sind zu Beginn von „Syncope 1“ zu hören. Diese vermischen sich dann mit Harmonien bis ein etwas dunkler Synthklang eine Wende einläutet, die von einer Melodielinie getragen wird. Insgesamt ist dieser Track etwas ruhiger angelegt, als die ersten Stücke.
Mit „Fourteen Fifteen“ scheint Bernd dann das Hochwasser und den Starkregen vertont bzw. verarbeitet zu haben, denn dieser düstere Track wird von Sounds, die nach prasselndem Regen klingen, bestimmt. Dazu hat Bernd dunkle Synthesizersounds hinzugefügt, was eine sehr bedrückende Stimmung verströmt. Erst am Ende kommen einige hellere Harmonien auf, die wie ein aufkommender Sonnenstrahl wirken. Man kann nur ansatzweiser erahnen, in welcher Not er, seine Familie und die vielen anderen Menschen sich damals befunden haben.
Danach geht es aber wieder sehr positiv, melodisch und rhythmisch mit „Borderline“ weiter. Das hebt sofort wieder die Stimmung. Und auch „Be Alive“ versprüht diese positive Aufbruchstimmung, die wieder an die alten Zeiten andockt und kraftvoll durch den Raum weht.
Sanfte Klänge ziehen zunächst bei „Dance Of The Geisha“ am Hörer vorbei. Dann kommen einige asiatische Klänge auf, die das Thema gut untermauern. Bernd vermischt hier geschickt Fragmente asiatischer Musik mit seinem Stil ohne in die esoterische Ecke abzudriften. Vielmehr hat dies was von Filmsoundtracks wie Hans Zimmers „Black Rain“.
„Lost“ versprüht dann eine Spur Schiller-Feeling, was vor allem an den verwendeten Sounds und Harmonien liegt. Bernd bleibt aber nicht nur auf den Spuren von Schiller sondern würzt dies mit eigenen Klangfarben und Rhythmen. „Falling Faster“ besitzt einen Techno/House-Sound, der wieder gut ins Ohr geht. Auch hier hat Bernd wieder einige Sprachfetzen eingebaut, die recht witzig klingen, so als wären sie aus einer amerikanischen Talkshow entnommen. Das sanfte, von einer Pianomelodie getragene „Aegidian Sea (Pre-Prise)“ beendet dann „Syncope 1“ und lässt die Hörer verträumt zurück. Dabei handelt es sich um eine Hommage an Aphrodite’s Child’s gleichnamiges Stück, von dem Bernd die Stimmung übernommen hat.
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Es ist schön, dass Bernd Scholl aka moonbooter endlich wieder auf der musikalischen Bühne zu finden ist und er gleich mit zwei Alben („Syncope 1“ und „Syncope 2“) wieder ein Füllhorn dynamischer und rhythmischer Elektronikmusik herausgebracht hat. Ich muss sagen, dass ich ihn und seine Musik vermisst habe und froh bin, wieder unter anderem ein musikalisches Zeichen von ihm bekommen zu haben. Wer seine Musik, oder die rhythmische Variante der Elektronikmusik mag, der bekommt hier wieder besten Stoff. Meine Empfehlung: gleich beide Alben ordern.
Stephan Schelle, Juli 2025
Eingetragen: 05.07.2025 von MusikZirkus